Rechtsanwälte
Nickels & Hendele

Seit 30 Jahren im Recht



 

L 9 AS18/09 

S 21 AS739/08

Verkündet: 13. April 2010

 

LANDESSOZIALGERICHT FÜR DAS SAARLAND
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

1.

2.

3.                                             

Kläger und Berufungskläger,

Prozessbevollmächtigter:zu 1-3: Rechtsanwalt Hendele, Marktplatz 11, 66687Wadern,

gegen

die Kreisagentur für Arbeit & Soziales

Beklagte und Berufungsbeklagte,

hat der 9. Senat des Landessozialgerichts für das Saarland

auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 durch

den Präsidenten des Landessozialgerichts Bender,

den Richter am Landessozialgericht Dick-Küstenmacher,

die Richterin am Sozialgericht Sigl

sowie die ehrenamtlichen RichterUtfeld und Rau

 

 

für Rechterkannt:


 

 

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1. Auf die Berufung der Kläger werden

a)                   das Urteil desSozialgerichts für das Saarland vom 14. September 2009 aufgehoben,der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2008 in Verbindung mit dem Bescheid vom12. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18. August und 22. September 2008 sowie der Widerspruchsbe­scheide vom 24. September 2008 und desÄnderungsbescheides vom 24. September 2008, weiterhin in Gestalt desBescheides vom 30. September 2009 geändert,

b)                       die Beklagteverurteilt, den Bescheid vom 27. März 2008 zu andern und an die Klägerfür die Zeit vom 01. April 2008 bis zum 30. September 2008 auf die Kosten derUnterkunft weitere 300,00 Euro im Monat zu gewahren.

2. Die Beklagte hat die den Klägern in beiden Rechtszügen entstandenen au­ßergerichtlichenAuslagen zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch umden Anspruch der Kläger auf Übernahme von weiteren300,00 Euro monatlich als Kosten der Unterkunft in der Zeit vom 01. April 2008 bis zum 30. September2008.

Deram geborene Kläger zu 1) und die am gebo­reneKlägerin zu 2) sind die Eltern der am geborenen Klägerin zu 3). Sie wohnen in einem Hausanwesen inWeiskirchen, in dem auch der Vater des Klägerszu 1) lebt. Am 04. Oktober 2006 beantragten sie erstmals — auch noch für die damals zur Bedarfsgemeinschaft gehörendevolljährige Tochter  - die Gewahrungvon Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs — Grundsicherung für Arbeitsuchende — (SGB II).Bereits zu diesem Zeitpunkt war dieKlägerin zu 2) zu einem Arbeitsentgelt von 400,00 Euro geringfügig beschäftigt. Der Kläger zu 1) bezog nach Beendigungseines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember2005 vom 01. Januar 2006 bis zum 08. Oktober 2006 Arbeitslosen­geld I nach dem Dritten Buch des Sozialgesetzbuchs — Arbeitsforderung — (SGB Ill). Da zu diesem Zeitpunkt auch die Tochter  noch bei den Klägern zu 1) und 2) lebte, war als weiteres EinkommenKindergeld in Höhe von insgesamt 308,00 Euro (zweimal 154,00 Euro)vorhanden.

   

3

Durch Bescheid vom 25. Oktober 2006 sowie den Änderungsbescheid vom 14. November 2006 wurden den Klägern und der Tochter  unter Anrechnung des benannten EinkommensLeistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 04. Oktober 2006 bis zum 31.Oktober 2006 in Hohe von 540,44 Euro und für die Zeit vom 01. November 2006 biszum 31. März 2007 in Höhe von monatlich 774,08 Euro bewilligt. Dabeiwaren ausgehend von einer Heizölrechnung vom 02. August 2006 in Hohe von 1.734,43Euro (144,54 Euro monatlich), dem Gebührenbescheid Wasser 2006 Ober den Betragvon 400,51 Euro (33,38 Euro monatlich) sowie dem Gebührenbescheid Kanal 2006Ober den Betrag von 746,64 Euro (62,22 Euro mo­natlich) und derAbgaben-Jahreshauptveranlagung 2006 (Grundsteuer und Mull) Ober den Betrag von 374,49Euro (31,21 Euro) Kosten für Unterkunft und Heizung für alle fünf im Anwesenlebenden Personen, d.h. einschließlich des Vaters des Klägers zu 1), in Höhe von271,35 Euro monatlich ermittelt worden, die dann zu 4/5 in Höhe von 217,08Euro bei der Leistungsbewilligung berücksichtigt wurden. Von dem angerechnetenArbeitslosengeld I des Klägers zu 1) wurde allerdings keine, such keineanteilige, Versicherungspauschale von 30,00 Euro in Abzug ge­bracht.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 12. März 2007 für die Zeitab April 2007 wurde durch Bescheid vom 12. März 2007 für die Zeit vom 01.April 2007 bis zum 30. September 2007 wiederum Arbeitslosengeld II in Hohe vonmonatlich 774,08 Euro ohne Berücksichtigung der Erhöhung der Regelsätze zum01. Juli 2007 bewilligt. Der Fortzahlungsantrag für die Zeit ab dem 01. Oktober2007 ging am 27. August 2007 bei der Beklagten ein, woraufhin unterBerücksichtigung der gesetzlichen Erhöhung der Regelsatze sowie eines in Höhe von 240,00Euro berücksichtigten Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) durch Bescheid vom12. September 2007 für die Zeit vom 01. Oktober 2007 bis zum 31. März 2008Leistungen in Höhe von 539,08 Euro monatlich bewilligt wurden.

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ImAntrag auf Fortzahlung der Leistungen vom 07. März 2008 für die Zeit ab dem 01. April 2008 erfolgte erstmals die Mitteilung, dass dieTochter  ausgezo­gen sei. Der Umzug war bereits am 13. Februar 2008erfolgt.

Mit Bescheid vom 10. März 2008 und Änderungsbescheid vom27. März 2008 wurden unter Berücksichtigung des Auszugs der Tochter  und der Vollen­dung des 14. Lebensjahresder Klägerin zu 3) im August 2008 Leistungen für die Zeit vom 01. April bis zum31. Juli 2008 in Höhe von monatlich 449,00 Euro, für August 2008 in Höhe von510,00 Euro und für September 2008 in Höhe von 519,00 Euro bewilligt,wobei für die Kläger nur noch Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 135,00Euro im Monat anerkannt wurden. Weiterhin wurde Kindergeld in Höhe von308,00 Euro angerechnet, wovon ein Betrag von 30,00 Euro bei dem dem Kläger zu1) als eigenes Einkommen zugeordneten Betrag von 154,00 Euro einkommensminderndberücksichtigt wurde.

Nach einem zwischen dem Kläger zu 1) und seinem Vaterbzgl. der Wohnung der Kläger geschlossenen Mietvertrag zahlen die Kläger seitdem 01. April 2006 an den Vater des Klägers zu 1) einen Grundbetrag von 300,00Euro sowie Heizkos­ten in Höhe von 100,00 Euro, weitere 45,00 Euro fürWasser und Abwasser, 15,00 Euro für Müllgebühren und weitere 5,00 Euro für dieKosten des Schornsteinfe­gers, jeweils monatlich.

DerKläger zu 1) und die Klägerin zu 2) hatten zuvor mit den Eltern und der Schwester des Klägers zu 1) am 20. Dezember 2005 bzgl.des gesamten Haus­anwesensin Weiskirchen einen sog. Übergabevertrag vor dem Notar Dr. Baschab (Urkundenrolle-Nr. geschlossen. Danach wurde das Haus von den Eltern des Klägers zu 1) als Eigentümer an den Kläger zu1) übertragen. Der Übernahmepreisbetrug 80.000,00 Euro. Der Kläger zu 1) verpflichtete sich, davon an seine Eltern einen Betrag von 55.000,00 Euro und anseine Schwester von 25.000,00Euro zu zahlen. Die Herauszahlungsbetrage waren zinslos fällig und- 

 

 

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zahlbarbinnen 3 Monaten ab Vertragsbeurkundung. Die Beteiligten verzichteten trotz Belehrung des Notars darauf, die Umschreibung vonder vorherigen Zahlung dervorgenannten Betrage abhängig zu machen bzw. gleichzeitig mit der Um­schreibung entsprechende Sicherungshypotheken zur Eintragungzu beantragen. Zugleichübertrug der Kläger zu 1) der Klägerin zu 2) im Wege einer ehrebedingten Zuwendung einen unabgeteilten 1/2 Miteigentumsanteil an dem Hausanwesen und die Klägerin zu 2) trat den Verpflichtungen des Klägerszu 1) als Gesamtschuldne­rinbei.

Vordiesem Hintergrund erklärten der Kläger zu 1) und sein Vater am 16. Mai 2006 gegenüber der Beklagten, dass der Vater das Haus an denKläger habe verkaufen wollen.Da dieser überraschend arbeitslos geworden sei, sei der Kauf geplatzt. Beim Notar sei jedoch schon ein entsprechender Vertragunterschrieben worden, obwohlnoch keine Gelder geflossen seien und durch die Arbeitslosigkeit auch nicht mehr hätten fließen können. Somit sei das Haus niein den Besitz des Klägers zu 1) Übergegangen. Auch im Grundbuch (Auszug vom 28.April 2006) sei ebenso voreilig eine Änderung vollzogen worden.

Am 5. Juni 2008 beantragtendie Kläger die Überprüfung der bislang bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung. Dazu wurde ausgeführt,er, der Kläger zu 1), habevon Anbeginn des Leistungsbezuges nachgewiesen, dass er neben den Wohnnebenkosten auch Kosten der Unterkunft in Höhe von300,00 Euro im Monat habe. Der Kaufvertrag sei geschlossen worden, als er, derKläger zu 1), noch erwerbstätiggewesen sei. Aufgrund des Verlusts des Arbeitsplatzes habe der Kauf­preis nicht gezahlt werden können. Da er sich mit derZahlung des Kaufpreises in Verzugbefinde, sei der Veräußerer berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten, was zur Folge hätte, dass er, der Kläger zu 1), seineEigentümerstellung wieder verlöre.Lediglich mit Rücksicht auf das Vater-Kind-Verhältnis habe sein Vater als ehemaliger Eigentümer hiervon bis dato keinen Gebrauchgemacht. Es sei vereinbart,dass der Kaufpreis erst dann gezahlt werde, wenn er, der Kläger zu 1), wie­der eine Beschäftigung gefunden habe. Da es sich um dieZahlung eines Mietzin‑

 

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sesbzw. einer Nutzungsentschädigung handele, diene die Leistung auch nicht dem Vermögensaufbau. lnsbesondere wurden die Leistungennicht auf den Kauf­preisangerechnet. Dies entspreche den Vereinbarungen der Parteien.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2008 lehnte die Beklagte dieRucknahme des Beschei­des vom 27. März 2008 gemäß dem Antrag vom 05. Juni 2008bzgl. der Übernahme der monatlichen Zahlungen von 300,00 Euro ab, wassie damit begründe­te, dass insofern das Recht nicht unrichtig angewandtworden sei. Allerdings ergebe sich eine Nachzahlung bei den Heiz- und Nebenkosten,wobei auf den Be­scheid vom 11. Juni 2008 verwiesen wurde.­

Mit diesem Änderungsbescheid vom 11. Juni 2008 warenLeistungen für die Zeit vom 01. April 2008 bis zum 30. Juni 2008 in Hohe von458,00 Euro im Monat, für Juli 2008 in Hohe von 469,00 Euro, für August 2008 inHohe von 530,00 Euro und für September 2008 in Höhe von 539,00 Euro im Monatbewilligt worden. Dabei waren aktuelle Belege über die anfallenden Kosten fürHeizung, Wasser, Abwas­ser, Grundsteuer und Mull berücksichtigt worden. Dieseergaben monatliche Be­lastungen von insgesamt 228,87 Euro. Statt des sichdaraus für drei Personen anteilig ergebenden Betrages von 171,65 Euroberücksichtigte die Beklagte aller- dings nur 144,00 Euro.

Am 23. Juni 2008 legten die Kläger gegen den Bescheidvom 11. Juni 2008 Wi­derspruch ein, den sie unter Bezugnahme auf denUberprufungsantrag vom 05. Juni 2008 damit begründeten, dass ihnen ein Anspruch aufÜbernahme der mo­natlichen Zahlungen von 300,00 Euro zustehe.

Mit Bescheid vom 18. August2008 wurde das der Klägerin zu 2) zustehende ArbeitslosengeldII gemäß § 31 SGB II in der Zeit vom 01. September 2008 bis zum 30. November 2008 um 30 vom Hundert der maßgebendenRegelleistung, damit


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um95,00 Euro im Monat abgesenkt. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 18. August 2008 wurde dies bei der Leistungsbewilligung fürSeptember 2008 berück­sichtigt. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 03.September 2008 wies die Beklagtemit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2008 zurück.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 2008 (W316/08) übernahm die Beklagte weitere 12,67 Euro im Monat als Kosten fürUnterkunft und Heizung. Im übrigen wies sie den Widerspruch gegen denÄnderungsbescheid vom 11. Juni 2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass von denmonatlichen Gesamt­nebenkosten von 228,87 Euro auf die Kläger ein Anteilvon 171,65 Euro entfalle (geteilt durch 4 mal 3). Von den Heizkosten seien imMonat maximal 1,8 % der Regelleistung als Kosten der Warmwasserbereitung, damit14,98 Euro, abzuset­zen. Somit waren zu berücksichtigende Kosten fürUnterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 156,67 Euro statt der bislangberücksichtigten 144,00 Euro verbleiben. Diese Erhöhung der Leistungsbewilligungwurde im Änderungsbescheid vom 22. September 2008 umgesetzt.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 24. September 2008(W 426/08) wurde dies für den Monat September 2008 aufgrund desWiderspruchs vom 03. Septem­ber 2008 gegen den Änderungsbescheid vom 18. August 2008nochmals ent­schieden.

Mit Änderungsbescheid vom 24. September 2008 erfolgteeine weitere Korrektur der Leistungsbewilligung um 124,00 Euro für den MonatSeptember 2008, nach­dem angezeigt worden war, dass das Kindergeld für dieälteste Tochter auch an diese weitergeleitet werde.

Mit Bescheid vom 30. September 2009 lehnte die Beklagtedie Rücknahme der Bescheide für die Bewilligungszeitraume vom 04. Oktober 2006bis zum 30. Sep-


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tember 2008 ab. Über dendagegen am 05. Oktober 2009 eingelegten Wider­spruch ist bislang nicht entschieden.

Am 30. Oktober 2008 schlossen die Kläger zu 1) und 2) mitdem Vater des Klä­gers zu 1) vor dem Notar Dr. Baschab (UrkundenrolleNummer 1585/2008 Jo) ei­nen Rückübertragungsvertrag bzgl. des Hausanwesens inWeiskirchen, da der Kaufpreis weiterhin nicht gezahlt worden war. Im Rahmender nachfolgenden Leis­tungsbewilligungen wurde sodann seitens der Beklagtender Betrag von 300,00 Euro bei den zu zahlenden Kosten für Unterkunft undHeizung berücksichtigt.

Am 13. Oktober 2008 haben die Kläger vor demSozialgericht für das Saarland (SG) Klage gegen die Änderungsbescheide vom 11. Juni und18. August 2008, jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 24.September 2008 erho­ben und zunächst auch die noch ausstehende BescheidungOber den Überprüfungsantrag für die zurückliegenden Zeiträume gerügt. ZurBegründung haben sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt undergänzend vorge­tragen, dass er, der Kläger zu 1), entgegen seinerHoffnung gerade nicht kurzfris­tig wieder Arbeit gefunden habe. Aufgrund derNichtzahlung des Kaufvertrages sei sein Vater berechtigt gewesen, die Rückübertragung desEigentums zu verlangen. Mit Rücksicht auf die familiären Verhältnisse und diefinanziellen Belastungen der Rückabwicklung sei daher zunächst von dem Rechtauf Rücktritt vom Kaufvertrag nicht Gebrauch gemacht worden und stattdessen derMietvertrag geschlossen worden. Die Zahlungen an den Vater werden seit Beginndes Arbeitslosengeld II­Bezugs am 04. Oktober 2006 geleistet. lhnen, den Klägernzu 1) und 2), sei es verwehrt, sich auf die dingliche Rechtslage zu berufen.Der Abschluss des Miet­vertrages entspreche der schuldrechtlichen Rechtslage.

Nachdem die Kläger dieErklärung der Beklagten, über den Überprüfungsantrag für die Zeit vom 04. Oktober 2006 bis zum 31. März 2008zu entscheiden, als An­erkenntnisangenommen und such den Angriff auf den Sanktionsbescheid für er‑


 

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Iedigterklärt haben, hat das SG mit Urteil vom 14. September 2009 die Klage ab­gewiesen. Die von den Klägern geltend gemachten Kostenvon 300,00 Euro im Monat,um die es nunmehr nur noch Bing, seien weder unter Miet- noch Finanzie­rungskosten nach § 22 SGB II erstattungsfähige Kosten.Als Eigentümer konnten dieKläger nicht Mieter im eigenen Haus sein. Die Aufwendungen seien auch kei­ne Tilgungsleistungen, da sie nicht auf den Kaufpreisangerechnet würden. Die getroffeneVereinbarung könne nicht als entgeltliche Stundungsvereinbarung an­erkannt werden. Selbst wenn man dies täte, würde es andem für die Anerken­nungder Kosten erforderlichen Unterkunftsbezug fehlen. Denn unmittelbarer Schuldgrund der vereinbarten Zahlungen wäre einentgeltlicher Zahlungsaufschub aufunbestimmte Zeit. Den Klägern habe zu keiner Zeit Obdachlosigkeit oder eine vergleichbare Notlage gedroht, allenfalls eine Rückkehrzum Rechtszustand vor Abschlussdes Übergabevertrages vom 20. Dezember 2005, welchen die Kläger am 30. November 2008 mit der Ruckübertragung ohnehinselbst herbeigeführt hatten.Damit hätten die Aufwendungen in Höhe von 300,00 Euro im Monat nicht dem Zweckgedient, dem Eintritt von Wohnungslosigkeit vorzubeugen.

Gegendas den Klägern am 24. November 2009 zugegangene Urteil haben sie am 21. Dezember 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründungwiederholen sie ihr bis­herigesVorbringen and tragen ergänzend vor, die Auffassung der Beklagten mute ihnen zu, Wohnraum kostenlos in Anspruch zu nehmen, obwohldie Gegenleistung fürdie Eigentumsüberlassung nicht erbracht sei. Auch jetzt übernehme die Be­klagte die Aufwendungen. An den tatsachlichenVerhältnissen habe sich lediglich insoweitetwas geändert, als sie nunmehr trotz der beengten wirtschaftlichen Ver­hältnisse noch als Schadensersatz die Kosten derRückabwicklung zu tragen hat- ten.

Die Kläger beantragen,

1.) dasUrteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 14. September 2009 aufzuheben,

   

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2.) denBescheid der Beklagten vom 11. Juni 2008 in Verbin­dung mit dem Bescheid vom 12. Juni 2008 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 18. August und 22. Sep­tember 2008 sowie der Widerspruchsbescheide vom 24. September 2008 und des Änderungsbescheides vom 24. September 2008 sowie des Bescheides vom 30. Septem­ber 2009 zu andern und die Beklagte zu verurteilen,ihnen für die Zeit vom 01. April 2008bis zum 30. September 2009Kosten der Unterkunft in Höhe weiterer 300,00 Euro monatlich zu gewahren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Sie verteidigt das angefochtene Urteil,

Wegender weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen drei Bände derVerwaltungsakte der BeklagtenBezug genommen. Der Inhalt der Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.


 

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Entscheidungsgründe:
I.

A)                                                                                                                   

Die Berufung ist zulässig,insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden.

B)                                                                                                                   

Streitgegenstand desBerufungsverfahrens ist der Bewilligungszeitraum vom 01. April 2008 bis zum 30. September 2008 gema13 der dieRücknahme des bestandskräftigenBescheids vom 27.03.2008, der diesen Zeitraum gerade betraf, ablehnenden Bescheide vom 12. Juni 2008 sowie vom 30.September 2009 sowie gem.dem Bescheid vom 11. Juni 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 18. August 2008, des Änderungsbescheids vom 22.September 2008, des Änderungsbescheidsvom 24. September 2008 und der Widerspruchsbescheide vom 24. September 2008 ( 86, 95, 96 Sozialgerichtsgesetz<SGG>) und da­beiallein die Frage, ob den Klägern ein Anspruch auf Übernahme der weiteren Kosten in Höhe von 300,00 Euro, die monatlich an denVater des Klägers zu 1) gezahltwerden, zusteht. Der Bescheid vom 11. Juni 2008 und der Bescheid vom 12. Juni 2008 müssen als eine Einheit betrachtet werden,da aufgrund des ausdrücklich am 05. Juni 2008 durch die Kläger gestellten Überprüfungsantragsbzgl. der bislang bewilligtenUnterkunftskosten davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte durch denBescheid vom 11. Juni 2008 mit der in diesem Bescheid erfolgten Bewilligung bzgl. der Kosten der Unterkunft undHeizung den bestandskräftigen Bescheid vom 27. März 2008 insofern nicht einererneuten Überprüfung unterziehenwollte, sondern vielmehr konkludent ebenfalls die Übernahme der weiteren Unterkunftskosten von 300,00 Euro abgelehnthat, ohne an der diesbzgl. eingetretenenBestandskraft des Bescheids vom 27. März 2008 etwas andern zu


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wollen.Aufgrund der ausdrücklichen Nennung der genannten Bescheide im An­trag in der mündlichen Verhandlung vom 13. April2010 wurde der streitgegen­ständlicheZeitraum eindeutig festgelegt, weshalb auch die weitere Formulierung im Antrag, die Beklagte zu verurteilen,entsprechende Leistungen für die Zeit vom 01. April 2008 bis zum 30. September 2009 zu gewahren, im Wege der Auslegung entsprechend anzupassen 1st. Aus § 123 SGG folgt dieBindung des Gerichts an denerhobenen Anspruch, nicht an die Fassung der Antrage (Keller in Meyer­Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 09.Auflage 2008, § 123, RN 3). Ebensowar der Antrag gema13 dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Meistbegünstigungsgrundsatz dahingehend auszulegen,dass die Beklagte auch zurÄnderung des Bescheids vom 27.03.2008, wie es im Tenor dann auch ausge­sprochen wurde, verurteilt werden sollte. ZurGewahrung effektiven Rechtsschut­zes(Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz<GG>) 1st danach durch Auslegung ( 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch<BGB>) unter Berücksichtigung des gesamten Klage­vortrages der Antrag des Klägers zu ermitteln, derseinem Begehren am Meisten gerechtwird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ders., Kommentar zum SGG, aaO, § 92, RN 11 und 12 und Keller inMeyer-Ladewig/ders./Leitherer, aaO, Vor 60, RN ha).

DieBeschrankung des klägerischen Begehrens auf die Geltendmachung der wei­teren 300,00 Euro, die monatlich an den Vater desKlägers zu 1) gezahlt wurden, folgtebenfalls gem. § 123 SGG aus dem ausdrücklichen Antrag der Kläger unter Berücksichtigung des gesamten klägerischenVorbringens.

Daes sich bei der streitgegenständlichen Frage auch um einen vom Gesamtan­spruch abtrennbaren und selbstständigen Tellhandelt, konnte eine entsprechende Begrenzungerfolgen (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 22. September 2009, Az. B 4 AS 70/08 R, veröffentlicht unter www.juris.de).


 

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Zudem wurde bzgl. dervorherigen Bewilligungszeitraume und der entsprechen­den Bewilligungsbescheide ein gesondertes Uberprüfungsverfahren nach §44 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs —Sozialverwaltungsverfahren und So­zialdatenschutz —(SGB X) eingeleitet, das sich derzeit im Widerspruchsverfahren befindet und imHinblick auf das vorliegende Gerichtsverfahren ruht. Nachdem die Beklagte sich zur Einleitung eines solchen Verfahrens in der mündlichenVerhand­lung vor dem SG bereit erklärt hatte, haben die Kläger dies alsAnerkenntnis an­genommen. Gem. § 101Abs. 2 SGG endete damit die Rechtshängigkeit der Klage bzgl. dieses Anspruchs. Ebenso wurde die Klage im Hinblick auf diegetroffene Absenkungsentscheidung nach § 31 SGB IIfür erledigt erklärt, wodurch durch diese vorliegend als Klagerücknahme zuwertende Erklärung ebenfalls die Rechtshängigkeit beendet wurde (vgl. Roller inNomoskommentar zum SGG, 3. Auflage 2009, § 102, RN 13).

Die Folgebescheidefür die Zeit nach dem 30. September 2008 wurden nicht Ge­genstand des Klage-bzw. Berufungsverfahrens. Denn die Klage gegen Folgebe­scheide setztin Anwendung des § 99 Abs. 1 SGG (Klageänderung) grundsätzlich ein Vorverfahren voraus. Der Anwendung des § 99SGG liegt die gerechtfertigte Annahmezu Grunde, dass im Rahmen des Zwölften Buchs des Sozialgesetz­buchs — Sozialhilfe — (SGB XII) dieRechtsprechung des BSG zum Arbeitsförde­rungsrecht zur analogen Anwendung des § 96 SGG auf Bescheide, die im Rah-men eines Dauerrechtsverhältnissesnachfolgende Bewilligungszeitraume betref­fen, nicht übertragbar ist. Die für diese Rechtsprechung herangezogenenGe­sichtspunkte der Prozessökonomieüberzeugen im Rahmen des SGB II nicht. Die Leistungen des SGB II werden rege!ma1ig für kürzere Zeiträume bewilligtals nach dem SGB III. Zudem müssen dieLeistungsträger des SGB II nicht nur Änderungen bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen Rechnung tragen,sondern sie müssen diese auch bei der Ermittlung des normativen Bedarfs beach- ten,sodass Folgebescheide häufiger als im Arbeitsforderungsrecht neue, gegen­über dem Ausgangsbescheid besondere Tat- undRechtsfragen aufwerfen. Schließlichergehen im Rahmen des SGB II die Bewilligungsbescheide häufig nicht nur für eine einzige Person, sondern — wiehier - für mehrere Mitglieder einer


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Bedarfsgemeinschaft. Unter Berücksichtigung all dieserbesonderen Umstande ist eine analoge Anwendung des § 96 Abs. 1 SGG aufBewilligungsbescheide für Folgezeitraume im Rahmen des SGB II grundsätzlich nichtgerechtfertigt. Wenn sich ein Kläger allerdings gegen einen Bescheid wehrt,mit dem die Leistung ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt worden ist, 1stGegenstand des gerichtlichen Ver­fahrens - je nach Klageantrag - die gesamte bis zurEntscheidung verstrichene Zeit. Hat ein Kläger zwischenzeitlich einen neuen Antragauf Leistungen nach dem SGB II gestellt und ist dieser Antrag wiederumabschlägig beschieden worden, ist diese (erneute) Ablehnung in unmittelbarer Anwendung des§ 96 SGG Gegens­tand des Klageverfahrens geworden; denn diese Ablehnungersetzt für den spate­ren Zeitraum den früheren Ablehnungsbescheid (BSG, Urteilyam 07. November 2006, Az. B 7b AS 14/06 R, veröffentlicht unter www.juris.de).

II.

Die Berufung ist auch begründet. Die Kläger sind durchden angefochtenen Be­scheid ( 86, 95, 96 SGG) beschwert im Sinne von § 54Abs. 2 Satz 1 SGG, da der Bescheid insoweit rechtswidrig ist, als dieRücknahme des Bescheids yam 27.03.2008 bzgl, der begehrten Übernahme der monatlichenZahlungen in Höhe von 300,00 Euro an den Vater des Klägers zu 1) und damit auchdie Zahlung die­ser Betrage abgelehnt wurde. Den Kläger steht diesergeltend gemachte Zah­lungsanspruch gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, § 44 SGB Xund § 22 SGB II zu.

Soweitsich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhaltausgegangen worden ist, der sichals unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nichterbracht oder Beitrage zu Unrecht erhoben waren sind, 1st der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden 1st, mit Wirkungfür die Vergangenheit zurückzunehmen( 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II).


 

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Leistungen für Unterkunft undHeizung werden in Höhe der tatsachlichen Aufwen­dungenerbracht, soweit diese angemessen sind ( 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Ei­ne beheizte Wohnung nutzenzu können gehört zu den zentralen menschlichen Bedürfnissen. § 22 SGB II setzt den in den Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2GG enthal­tenen Verfassungsauftraginsoweit um, als dass notwendiger Bestandteil eines menschenwürdigen,den Hilfebedürftigen nicht stigmatisierenden Lebens ein zu dauerhaftem Wohnengeeigneter und bestimmter Wohnraum 1st (Piepenstock in juris-Praxiskommentar zum SGB II, § 22, RN 22, veröffentlicht unter www.juris.de).

Leistungen für Unterkunft undHeizung werden nach der Grundregel in § 22 Abs. 1 Satz 1SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessensind. Erfasst werden sowohl die laufenden als auch einmalige Auf­wendungen,die dem Hilfebedürftigen für seine Unterkunft entstehen. Dem Umstand,dass die tatsachlich anfallenden Aufwendungen für eine Unterkunft und derenBeheizung von den individuellen Lebensumständen des Einzelfalles abhan­gen (z.B. von der Anzahlder Familienangehörigen, ihrem Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand sowie der Wohnungsgro1e, der Anzahl der vorhandenen Räumeund dem örtlichen Mietniveau) wird im Rahmen der Angemessenheitsprü­fung der zuerbringenden Leistungen Rechnung getragen. Der Leistungsanspruch aus § 22 SGB II ist auf eine Geldleistunggerichtet. Dies berücksichtigt die in der Menschenwürde gründende Handlungsautonomie des Hilfebedürftigen. DerHilfe­bedürftige soll mit denbereitgestellten finanziellen Mitteln in die Lage versetzt werden,seinen Unterkunftsbedarf auf dem Wohnungsmarkt selbst zu decken und sein Lebenselbstbestimmt zu gestalten (Piepenstock, aaO, § 22, RN 25 und 26).

Bei Mietwohnungen umfassen dietatsachlichen Aufwendungen den nach dem Mietvertrag geschuldeten Kaltmietzins und die Nebenkosten ( 556 Abs. 1BGB). Welche Nebenkosten im Einzelnenabsetzbar sind, ergibt sich aus § 2 der Be­triebskostenverordnung (z.B. Grundsteuer und laufende öffentlicheLasten, Was­serversorgung, Entwasserung, zentrale Heizungsanlage, zentraleWasserversor­gungsanlage, Personen-und Lastenaufzug, Straßenreinigung, Müllbeseitigung,


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Gebäudereinigung, Gartenpflege,Beleuchtung, Schornsteinreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherung, Hauswart;vgl. Piepenstock, aaO, § 22, RN 32).

Bei Eigenheimen bzw. Eigentumswohnungen gehören zu den zu übernehmenden Unterkunftskosten die Schuldzinsen einesFinanzierungskredites in angemesse­nemUmfang, Betriebskosten wie bei Mietwohnungen, Grundsteuern, öffentliche Abgaben, Versicherungsbeitrage, sonstige Ausgabenzur Bewirtschaftung des Haus-und Grundbesitzes sowie eine von der Wohnungseigentümerversammlung beschlossene Instandhaltungsrucklage (Piepenstock,aaO, § 22, RN 40). Auch ist nachder Rechtsprechung des BSG unter bestimmten Voraussetzungen die Übernahme von Tilgungsraten möglich (BSG, Urteil vom 18.Juni 2008, Az. B 14111b AS67/06, veröffentlicht unter www.juris.de).

Zwarhandelt es sich bei den streitgegenständlichen monatlichen Aufwendungen in Hohe von 300,00 Euro weder um Mietzahlungen nochum Finanzierungs- oder Tilgungsratenim dargelegten Sinn. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Vorschrift, dem Hilfebedürftigen zurSicherstellung eines menschenwürdigen Lebens seine von ihm zu tragenden Kosten derUnterkunft und Heizung zu ge­währen,sind diese Aufwendungen jedoch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu Übernehmen.

Vorliegend waren die Kläger gem. denBestimmungen des BGB gerade keine Mieter, weshalb die monatlichen Zahlungen von 300,00 Euro auch nicht alsMiet­zinszahlungenangesehen werden können. Denn aufgrund des durch die Grund­bucheintragung vollzogenenÜbergabevertrages vom 20. Dezember 2005 waren der Kläger zu 1) und die Klägerin 2)Eigentümer des von ihnen und der Klägerin zu 3) bewohnten Anwesens ( 873 BGB)geworden. Nach § 903 Satz 1 BGB kann der Eigentümer einer Sache, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritterentge­genstehen, mit derSache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwir‑


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kungausschließen. Daraus ergibt sich, dass der Eigentümer im Gegensatz zum Mieter für die Nutzung seiner eigenen Sachen auchkein Entgelt zu leisten hat.

Aufgrund des im Bereich desZivilrechts geltenden Trennungs- und Abstraktions­prinzipsführt auch eine Unwirksamkeit des der Eigentumsübertragung als Verfü­gungsgeschäftzugrunde liegenden Kaufvertrags, dem schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft,nicht zur Unwirksamkeit der Eigentumsübertragung (vgl. Heinrichs inPalandt, Kommentar zum BGB, 62. Auflage 2003, Uberbl v § 104, RN 15ff.). Im vorliegenden Fall war derder Hausübertragung zugrunde liegende Kaufvertrag allerdings auch nicht von Anfang an unwirksam. Aufgrund der Nichterfüllungder Kaufpreiszahlung als gegenseitiger, d.h. im Hauptleistungsverhältnisstehender, Pflicht nach § 434 BGB stand demVater des Klägers zu 1) mit der Möglichkeit des Rücktritts nach § 323 BGB ein Gestaltungsrecht zur Verfugung, das ererst noch ausüben musste, wozu es letztlich im Oktober 2008 auch gekommen ist.Daneben gab es für ihn dieMöglichkeit der Geltendmachung eines Schadensersatzan­spruchs ( 323 BGB, vgl. Heinrichs, aaO, § 325, RN3).

Gerade die Möglichkeit des Rücktritts bot gem. § 323 BGBi.V.m. 346 BGB (vgl. Heinrichs, aaO, § 323, RN 33) aber die Rechtsgrundlage fürdie getroffene Ver­einbarung zwischen den Klägern und dem Vater desKlägers zu 1) auf Zahlung monatlicherAufwendungen in Höhe von 300,00 Euro. Denn nach § 346 Abs. 1 BGB sind im Falle des Rücktritts die empfangenenLeistungen zurückzugewähren und diegezogenen Nutzungen herauszugeben. Statt der Rückgewähr oder Her­ausgabehat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit die Rückgewähr oder Herausgabe nach der Natur des Erlangtenausgeschlossen ist ( 346 Abs. 2 Satz 1Nr. 1 BGB). Letzteres gilt auch für die zu den Nutzungen zahlenden Gebrauchs­vorteile ( 100 BGB; vgl. Heinrichs, aaO, § 346, RN6 und 8). Daraus ergibt sich, dassdie Kläger bei einem Rücktritt des Vaters des Klägers zu 1) von dem Kauf­vertragüber das Hausanwesen ohne die getroffene Vereinbarung für die unentgeltlicheNutzung des Anwesens einen Ersatz hatten zahlen müssen, konkret also für jedenMonat des unentgeltlichen Wohnens eine Nutzungsentschädigung hätten


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aufbringenmüssen. Mit der vorliegenden Vereinbarung wurde der Sache nach die bei Ausübung des Rücktrittsrechts in einer Summe fälligwerdende Entschädigung bereitsvorab auf monatliche Teilbeträge aufgeteilt. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Vereinbarung gegen gesetzliche Bestimmungenverstößt.

Da sich diemonatlichen Aufwendungen damit aber als Nutzungsentschädigung qualifizierenlassen, ist auch der unmittelbare Unterkunftsbezug der Zahlungen gegeben. Der Senat verkennt hierbei nicht, dass derZeitpunkt des Beginns der monatlichenZahlungen an den Vater des Klägers zu 1) gerade mit dem Beginn des Leistungsbezugs zusammenfallt und dies Zweifel an derLauterkeit der Vereinbarung aufkommen lassen mag. Allerdings ist der Vaterdes Klägers zu 1) ge­rade nichtverpflichtet, die unentgeltliche Nutzung des Anwesens zu gestatten, und hat mit der getroffenen Abrede lediglich die ihm nachdem Gesetz zustehen­den Rechteausgeübt.­

EinAnspruch auf Übernahme höherer Kosten für Unterkunft kann seitens der Klä­ger im vorliegenden Verfahrennicht geltend gemacht werden. Dem steht zunächst entgegen, dass diese, wiebereits dargelegt, nicht Streitgegenstand des vorliegen­den Verfahrens sind. DesWeiteren werden im hier streitgegenständlichen Zeit­raum höhere Kosten von derBeklagten übernommen als von den Klägern tatsach­lich gezahlt werden. Nach deneigenen Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG zahlensie monatlich 100,00 Euro an Heizkosten, 45,00 Euro für Wasser und Abwasser,15,00 Euro für Müllgebühren und 5,00 Euro an Kosten für den Schornsteinfeger,somit insgesamt 165,00 Euro. Allein unter Be­rücksichtigung des Abzugs fürdie Kosten der Warmwasserbereitung in der ab dem 01. Juli 2008mallgeblichen Höhe in Hohe von zweimal 5,70 Euro für die Klä­ger zu 1) und 2) sowie in Höhevon 3,80 Euro für die Klägerin zu 3), somit insge­samt in Hohe von 15,20 Euro(BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, Az. B 14/11 b AS 15/07 R, veröffentlicht unter www.juris.de),und damit ohne Rücksicht darauf, dass die Klägerin zu 3) im August2008 14 Jahre alt wurde, was bei ihr zu einem noch höheren Abzug führen wurde,verbleiben Kosten der Unterkunft und Heizung in


 

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Höhe von 149,80 Euro monatlich.Demgegenüber hat die Beklagte im hier streitgegenständlichenZeitraum monatliche Aufwendungen in Höhe von 156,67 Euro anerkannt.

Für die vorherigen undnachfolgenden Zeiträume sowie den streitgegenständlichen Zeitraum liegt esdaher an den Klägern, durch entsprechende Nachweise Ober die Kosten fürHeizung, Wasser, Abwasser, Grundsteuer und Müll im Rahmen des laufenden oder eines neuerlichen Verfahrens nach § 44 SGB Xgegebe­nenfalls höhere Aufwendungen geltend zu machen. Die Beklagte wirddabei im Rahmen der Überprüfungsverfahrenausdrücklich angehalten, auch von dem dem Kläger zu 1) gewahrten Arbeitslosengeld I im Oktober 2006 die anteiligeVersiche­rungspauschale abzusetzenund die Rechtsprechung des BSG zu den als Kosten der Warmwasserbereitungvon den Heizkosten abzusetzenden Betragen (BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, aaO) sowie die Erhöhung der Regelsatze abJuli 2007 zu berucksichtigen. Gleiches gilt für die Berücksichtigung derVersiche­rungspauschale bei dem Kindergeld für die Tochter , dievolljähriges Mit­glied derBedarfsgemeinschaft war (vgl. § 3 Alg II-V in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung sowie § 6 Alg II-V in derab dem 01. Januar 2008 gelten­den Fassung).

Der Berufung war daher stattzugeben.

 

 

 

Die Kostenentscheidung folgtaus § 193 SGG.


 

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IV.

 

Die Zulassung der Revisionerfolgte gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grund­sätzlicher Bedeutung derRechtssache, da die Klärung der streitgegenständlichen Frage über den zu entscheidenden Einzelfall hinausaus Gründen der Rechtsein­heit imallgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) and deren Klärung auch durch das BSG zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit;Leitherer, aaO, § 160, RN 6). Bislang ist die Frage der Anerkennung vonZahlungen wie im vorlie­genden Fall als Kosten der Unterkunft gem. § 22 SGB IInicht geklärt, wobei die Klärung imHinblick auf ihre soziale Tragweite auch im allgemeinen Interesse liegt (Leitherer,aaO, § 160, RN 8).

 

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